criceta emptio - Hamsterkauf

Liebe Gemeinde und Gemeindinnen,
wir haben uns hier versammelt, um mal in Ruhe über das Corona-Virus zu sinnieren.
Oder anders: Willkommen in der Weite der leeren Regale.

 

Haben Sie rechtzeitig eingekauft? Und falls ja, hätten Sie gedacht, dass es auf Klopapier ankommt? Sitzen Sie jetzt auch auf Konservendosen und ärgern sich, dass der Wert von geschälten Tomaten auf dem Tauschmarkt deutlich unter dem von Hakle-Feucht liegt?
Ich meine, die Könige der Vorsorge sind natürlich die, mit dem Desinfektionsmittelvorrat. Die hatten doch Insider-Tipps, oder? Also, an der Börse würden diese Vorgänge untersucht!

 

Aber mal ganz ehrlich: gegen oder für was kaufen wir hier eigentlich ein?
Na, gegen den Corona-Virus! Für den Fall, dass ich nicht mehr raus will oder kann oder darf (Stichwort Quarantäne – früher nannte man das Hausarrest). Wirklich? Das Problem an dem Virus ist, wie bei allen Viren, man sieht ihn nicht kommen und man weiß noch gar nicht so 100%tig, was man tun oder lassen sollte.
Dafür gibt’s aber super Tipps:
• Händeschütteln vermeiden
• regelmäßiges und gründliches Hände waschen
• Hände aus dem Gesicht fernhalten
• Husten und Niesen in ein Taschentuch oder in die Armbeuge
• Im Krankheitsfall Abstand halten
• Geschlossene Räume regelmäßig lüften

Ganz ehrlich, bisher hatte ich die milde Hoffnung, dass viele Menschen sich die Hände regelmäßig waschen. Hätte ich gewusst, dass das ein Insider ist, hätte ich das schon längst weitergegeben. Auch das Niesen in ein Taschentuch oder die Armbeuge hat man mir schon vor Jahren beigebracht. Ich bin auch noch nie freudig auf sichtbar kranke Kollegen zugesprungen, um diese herzlich an mich zu drücken. Und ich lüfte auch ohne Corona meine Räume. Sie nicht (Schimmel lässt ggf. grüßen)?

 

Wenn also relativ normales Verhalten schon schützen soll, warum noch die Hamsterkäufe? Das liegt daran, dass wir Menschen gerne die Kontrolle behalten – auch bei unkontrollierbaren Dingen. Einkaufen ist einfach und naheliegend, also mache ich das auch noch. Und wer das eigentlich nicht machen wollte, wird durch die leeren Regale daran erinnert, dass die anderen aber schon vorgesorgt haben und er selber nicht. Das wiederum kann dazu führen, dass derjenige denkt, er habe etwas Wichtiges nicht mitbekommen oder habe seine „Pflicht“ bisher nicht erfüllt. - Jetzt kaufen wir gegen ein schlechtes Gewissen an.
Ich glaube ja, dass ohne die panischen Masseneinkäufe unsere Regale voll wären wie immer (wir sind eigentlich ganz schön verwöhnt, oder?) und wir uns gar keine Sorgen machen würden, falls wir krank würden, keine Einkäufe mehr tätigen (lassen) zu können.

 

Laut gelacht habe ich auch letztens, als ich im Fernsehen gesehen habe, wie eine Medienvertreterin einen Psychologen fragte, warum eigentlich alle so in Panik gerieten. Ich würde mit der Dame gerne mal ein bis zwei Stunden TV schauen. In allen Info-Bändern, in jeder Nachrichtensendung: die Coronakrise – kann ich noch…. (bitte einsetzen zur Arbeit, zum Sport, draußen Atmen, auswärts Essen…. – gut, in die USA einreisen geht halt gerade wirklich nicht – wollte ich aber auch gar nicht).
Die Nachricht, dass mittlerweile von den 80.000 Verdachtsfällen in China 60.000 die Krankenhäuser wieder verlassen durften, habe ich hingegen nur einmal ganz kurz auf NTV mitbekommen. Ist ja aber auch nicht so spannend, jetzt wo die wieder gesund sind……

 

Also: Atmen Sie einfach mal tief ein und aus (nicht in der Nähe von niesenden oder hustenden Menschen) und halten Sie sich an das, was Ihnen der normale Menschenverstand sagt.
Ach – und bitte behalten Sie das Händewaschen auch nach Corona bei. Ich wäre Ihnen da sehr dankbar.